Forschungsbericht 1999-2000   
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[Pfeile  gelb] Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Fachbereich 14 - Geowissenschaften
Institut für Planetologie
Planetenphysik (Prof. Dr. Tilman Spohn)
 


MUPUS Ein physikalisches Instrumentenpaket für die
ESA-Kometenmission ROSETTA

Die ESA wird im Jahre 2003 eine Sonde zu einem periodischen Kometen starten, die dort auch eine kleine Landesonde absetzen wird. Eine der zentralen Fragestellungen für die Untersuchungen an der Kometenoberfläche ist die Energiebilanz des Kometen. Sie entscheidet das dynamische Verhalten, die Ausprägung einer Koma und eines Schweifs, die Zusammensetzung der freigesetzten Gase, die Oberflächenerosion durch das Ausgasen und die Ausprägung einer vertikalen Schichtung. Die Energiebilanz läßt sich durch Messungen der Oberflächentemperatur, eines vertikalen Temperaturprofils und der Wärmeleitfähigkeit des oberflächennahen Materials als Funktion der Zeit bestimmen. Die Messung dieser Größen setzt eine vertikal in den Kometenboden eindringende Sonde voraus. Diese Sonde soll neben Temperaturen und thermischen Parametern auch die Festigkeit und die Dichte der durchdrungenen Schichten bestimmen. MUPUS ist als Teil der Nutzlast des ROSETTA Landers ausgewählt worden und wird in den nächsten Jahren bis zur Flugreife weiterentwickelt. Alle für MUPUS anfallenden Entwicklungsarbeiten, Kalibrierung und Dokumentationen werden vom Institut für Planetologie aus koordiniert. Insbesondere die effektive und enge Zusammenarbeit mit anderen beteiligten Instituten ist eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche weitere Arbeit an dem Projekt.

Zu Beginn des Berichtszeitraums hatte das Projekt im wesentlichen den Status einer Konzeptbeschreibung erreicht. In den beiden vergangenen Jahren wurden zusammen mit den Kontraktnehmern und Partnern wichtige technische Detaillösungen entwickelt und deren Einsatzfähigkeit durch Tests belegt. So wurde ein neuartiger Mechanismus konstuiert, der es erlaubt, in der vernachlässigbar kleinen Gravitation des Kometenkerns eine Sonde in das Oberflächenmaterial einzubringen. Auch für die Temperatur- und Wärmeleitfähigkeitssensoren wurde eine neuartige Technologie entwickelt, die es erlaubt, gleichzeitig mit nur einem Bauteil an 16 verschiedenen Stellen Temperaturen zu messen und bei Bedarf auch aktiv zu heizen. Die für die Datenerfassung auf dem Kometen benötigte Elektronik wurde ebenfalls entworfen, gebaut und getestet. Für die auf der Raumsonde zu verwendende Software, die in einer extrem kompakten und sicheren Form vorliegen muss, wurde ebenfalls ein Konzept entwickelt und erste low-level Routinen geschrieben. Die Mechanik und die Struktur des Experiments wurde vollständig angefertigt, integriert, getestet und als sogenanntes Struktur-und Thermalmodell für die Integration mit dem Lander ausgeliefert. Als zweiter Schritt wurde bereits im Frühjahr 2000 das sogennate EQM abgeliefert; es dient der Qualifizierung hinsichtlich der elektrischen, elektronischen, Software-, als auch der mechanischen und thermalen Eigenschaften und entspricht weitgehend dem Flugmuster, dass bereits angefertigt ist und derzeit (Stand: Frühjahr 2001) getestet wird.

Ein wichtiger Teilbereich der Experimententwicklung war das Thermaldesign: da elektronische Bauelemente meist nur innerhalb eines engen, im Weltraum nicht immer gewährleisteten Temperaturbereichs betrieben werden können, muss das Design von Weltraumexperimenten durch geeignete Massnahmen so ausgelegt werden, dass ein "Überleben" der Elektronik sichergestellt ist. Zu solchen Massnahmen gehören zum Beispiel - je nach Situation - besonders helle oder dunkle Beschichtungen der Aussenflächen, grosse Wärmereservoire zum Abmildern natürlicher Temperaturschwankungen, sowie aktive elektrische Heizungen. Der letztgenannte Fall sollte möglichst vermieden werden, da elektrische Energie meistens sehr knapp und damit kostbar ist. Um den Wärmehaushalt des Experiments zu optimieren, wurde das thermische Verhalten einzelner Baugruppen unter Variation der frei wählbaren Parameter untersucht, um abschliessend Forderungen oder Empfehlungen für das Design und die Fertigung des STM (s.o.) geben zu können.

Das Verhalten der in den Kometenboden eindringenden Thermalsonde wurde mit numerischen Modellen eingehend studiert. Bereits im vorangehenden Berichtszeitraum wurde erkannt, dass die Anwesenheit einer Sonde zwangsläufig das zu messende Temperaturprofil beeinflusst und somit verfälscht. Zwei unterschiedliche Methoden wurden eingesetzt, um trotz dieser unvermeidbaren Verfälschung aussagekräftige Messdaten zu bekommen und diese möglichst geschickt auszuwerten. Zunächst wurde durch die Auswahl von besonders geeigneten Materialien und Abmessungen sichergestellt, dass die Beeinflussung des Temperaturfelds möglichst gering ausföllt und somit die Qualität der Rohdaten nicht mehr als unvermeidbar leidet. Darüber hinaus wurde ein auf der Inversion von Messdaten basierendes Verfahren entwickelt, dass es erlaubt, aus dem verfälschten, gemessenen Temperaturprofil das unverfälschte, eigentlich angestrebte Profil zu berechnen. Beide Massnahmen haben sich als sehr wirksam und praktikabel erwiesen und können auch für ähnliche Messtechniken in der Geophysik oder bei weiteren zukünftigen Weltraummissionen gewinnbringend eingesetzt werden.

Die Auswertung der geplanten Wärmeleitfähigkeitsmessungen wurde ebenfalls deutlich verbessert. In Ergänzung zum klassischen, weitverbreiteten line heat source Verfahren ist es nun möglich, nicht nur mit konstanter Heizleistung zu arbeiten, sondern auch mit konstantem Strom. Das letztgenannte Verfahren ist messtechnisch erheblich leichter umsetzbar. Darüber hinaus kann nun die thermische Diffusivität des Probenmaterials ermittelt werden. Diese Auswertung ist dabei unabhängig von der nach der klassischen Methode und liefert ohne zusätzlichen messtechnischen Aufwand eine weitere, wichtige thermische Materialeigenschaft. Aus thermischer Diffusivität und Wärmeleitfähigkeit kann nun das Produkt aus Dichte und Wärmekapazität berechnet werden. Ist eine der beiden Grössen aus anderen Quellen bekannt, kann die verbleibende Grösse direkt berechnet werden. Da im Rahmen von MUPUS auch eine Dichtemessung durchgeführt wird, kann nun mit der Thermalsonde ein Profil der thermischen Eigenschaften und Zustände Temperatur, Wärmeleitfähigkeit, Diffusivität und spezifische Wärmekapazität ermittelt werden, ohne dazu die Datenmenge, den Energiebedarf oder den experimentellen Aufwand erhöhen zu müssen.

Viele der im Rahmen des MUPUS Projekts gewonnenen Erkenntnisse sind auf verwandte Anwendungen in der Geothermie oder bei zukünftigen Messungen auf anderen Planeten übertragbar. Für die nächsten Jahre sind verstärkt solche kleinen, preiswerten aber effektiven Missionen mit Penetratoren geplant, und dieser Trend scheint anzuhalten. Hier ergeben sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für die Zukunft.

Drittmittelgeber:

DLR

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Tilman Spohn, Dr. Karsten Seiferlin, Dipl. Geophys. Thomas Keller, Dr. Andrew Ball

Veröffentlichungen:

Spohn et. al.: MUPUS - Proposal for a suite of instruments to make extended in situ physical measurements at the surface of an evolving comet nucleus. 30pp. Eigenverlag Münster., 1995

N.A.: MUPUS: Rosetta Lander Experiment Interface Document REID-B, Eigenverlag, Münster, 1998

Banaszkiewicz, M., K. Seiferlin, T. Spohn, G. Kargl, N. Kömle: A New Method for the Determination of Thermal Conductivity and Thermal Diffusivity from Linear Heat Source Measurements. Rev. Sci. Instrum. 68(11), 4184-4190, 1997.

Knollenberg, J., E. Kührt, T. Spohn: MUPUS-TM: IR-measurement of comet p/Wirtanen surface temperature. Annal. Geophys. 16 Suppl. III, C1012, 1998.

Seiferlin, K., Hagermann, A., Banaszkiewicz, M. Spohn, T.: Using Penetrators as Thermal Probes, In: Penetrometry in the Solar System, Editors N. I. Kömle, G. Kargl, A.J. Ball, R. D. Lorenz, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2001

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 2001-06-25